Die Techniken der Geldwäscherei sind
vielfältig. Sicher ist es heute in der Schweiz
schwieriger bzw. risikoreicher geworden, mit einem
Koffer voll Bargeld am Bankschalter aufzutauchen
und ein Konto eröffnen zu wollen. Stattdessen
werden die kriminellen Gelder lieber zuerst
woanders, zum Beispiel in einem
Offshore-Finanzzentrum, zwischengelagert und
gelangen via Banküberweisung in die Schweiz.
Dies erschwert es herauszufinden, aus welchen
(kriminellen) Quellen diese Gelder stammen. Beliebt
ist auch die Verwendung getrennter Konten in
mehreren Ländern, die später
zusammengeführt werden, um die Herkunft der
Gelder zu verschleiern. Es werden auch gerne
Strohmänner (und -frauen) eingesetzt, welche
die kriminellen Gelder treuhänderisch
entgegennehmen, undurchsichtige Netze spinnen und
möglichst rentabel anlegen. Oder es werden
Briefkastenfirmen gegründet und Gelder auf die
Konten dieser Firmen überwiesen. Häufig
werden auch Güter wie Edelsteine,
Liegenschaften oder Wertpapiere erworben und diese
dann im Markt platziert.
Spektakuläre Fälle von
Geldwäscherei im Drogenmilieu
Im Juni 2005 wurde der frühere Schweizer
Botschafter in Luxemburg, Peter Friederich, vom
Bundesstrafgericht zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus
verurteilt. Er hatte im Jahr 2001 von einer
spanischen Drogenbande, die für kolumbianische
Produzenten den Kokainhandel in Europa
organisierte, Bargeld in der Höhe von rund 2,4
Mio. Fr. angenommen und teilweise über eigene
Bankkonten gewaschen. Für seine Dienste
erhielt er 134'000 Fr.
Im Oktober 2005 hat die Zürcher
Kantonspolizei neun Personen überführt,
die Drogenhandel im grossen Stil betrieben haben.
Dem Bandenchef wird die Einfuhr von rund 180 Kilo
Kokain vorgeworfen. Er soll seit vier Jahren Kokain
aus Brasilien in die Schweiz eingeschleust haben.
Der Grossteil des Erlöses in
Millionenhöhe wurde über ein
Geldtransferbüro in Zürich mit
Zweiniederlassung in Lausanne oder mittels
Banktransfers oder Kurierdiensten nach Brasilien
verschoben. In Brasilien wurden mit dem Drogengeld
legale Unternehmen aufgebaut.
2004 wurden in der Schweiz in einem Schlag gegen
die italienisch-schweizerische Zigarettenmafia
mehrere Personen verhaftet, denen vorgeworfen wird,
über Jahre Geldwäscherei in
Milliardenhöhe betrieben zu haben. Es wird
vermutet, dass sie kriminelle Organisationen
unterstützten, die Erlöse aus dem Drogen-
oder Waffenhandel in Zigaretten investierten und so
Milliarden von Franken wuschen.
1996 wurde Sheila Arana Nasser, die Frau eines
kolumbianischen Drogenbarons, von einem Gericht in
den USA zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt.
Frau Nasser hatte über Jahre Drogengelder in
Banken in den USA und der Schweiz (SBG) angelegt
und auf diese Weise gewaschen. 1994 wurde sie in
ihrer Wohnung im waadtländischen Founex
verhaftet und an die USA ausgeliefert. Ein Teil
ihres Vermögens, 176 Millionen Dollar (240
Mio. Fr.) aus dem Drogenhandel, lag in der Schweiz.
In einem ersten Schritt teilten sich die USA und
die Schweiz das Geld gütlich. Die Schweiz
erhielt rund 120 Mio. Franken.
Über 500 Urteile wegen
Geldwäscherei seit 1998
Der Drogenhandel, insbesondere der Heroin- und
Kokainhandel, in der Schweiz wird von
ausländischen Gruppierungen dominiert. Diese
Gruppierungen sind in erster Linie bestrebt, ihre
Gewinne in ihr Heimatland zurückzuschaffen,
nur ein kleiner Teil wird in der Schweiz
investiert. Daneben versuchen ausländische
kriminelle Organisationen oder Drogenkartelle
Gewinne aus ihren Geschäften auf dem Schweizer
Finanzplatz anzulegen. Es gibt aber keine Hinweise,
dass die Schweiz im Vergleich mit anderen Staaten
besonders stark von diesen Versuchen betroffen
wäre.
Insgesamt hat die Meldestelle für
Geldwäscherei des Bundesamtes für Polizei
zwischen 1998 (Inkrafttreten des
Geldwäschereigesetzes) und 2004 über 500
Urteile wegen Geldwäscherei in der Schweiz
verzeichnet. In den letzten Jahren waren es pro
Jahr über 100 Urteile. Die meisten dieser
Verurteilungen haben als Vortat den
Drogenhandel.
Die Zahl der von der Meldestelle registrierten
Fälle hat zwischen 1998 und 2003 von 125 auf
860 im Jahr 2003 und 820 im Jahr 2004 zugenommen.
Insgesamt hat die Meldestelle in diesem Zeitraum
rund 3500 Verdachtsmeldungen registriert. Nur ein
geringer Teil dieser 3500 Meldungen, nämlich
rund 130, standen mit Drogenhandel und
Drogengeldern in Zusammenhang.
Wie ist diese Diskrepanz zwischen der kleinen
Anzahl Verdachtsmeldungen verbunden mit
Drogengeldern und der hohen Zahl der Verurteilungen
wegen der Geldwäsche von Drogengeldern zu
erklären? Bei den Verurteilungen ist es
häufig so, dass die
Strafverfolgungsbehörden zuerst wegen
Betäubungsmitteldelikten ermitteln und dabei
auch auf Geldwäscherei stossen. Umgekehrt ist
es aber viel schwieriger herauszufinden, auf welche
Vortat zur Geldwäscherei eine Verdachtsmeldung
zurückzuführen ist. Von den
erwähnten rund 3'500 Verdachtsmeldungen
konnten rund 1100, d.h. fast ein Drittel aller
Meldungen, keiner Kategorie, zugeordnet werden. Von
den 3500 Verdachtsfällen wurden gegen 80 %
oder rund 2700 an die Strafverfolgungsbehörden
weitergeleitet.
Das Geldwäschereigesetz seit
1998
Die Schweiz gehört zu den Pionieren der
Kundenidentifizierung, die ihrerseits einer der
Hauptpfeiler der Geldwäschereibekämpfung
ist. Die frühen internationalen Massnahmen
wurden daher stark von schweizerischen
Lösungen beeinflusst. So bildete die
schweizerische Vereinbarung über die
Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken aus
den 70er-Jahren eine der Grundlagen für die
Ausarbeitung der 40 Empfehlungen der Financial
Action Task Force on Money Laundering (FATF) im
Jahr 1990. Sie sind heute internationaler
Standard.
1998 ist das Bundesgesetz zur Bekämpfung
der Geldwäscherei in Kraft getreten. Es
brachte zwei Neuerungen: Es hat die im Bankensektor
geltenden Sorgfaltspflichten auf alle
berufsmässigen Finanzintermediäre des
Nichtbankensektors ausgeweitet
(Vermögensverwalter, Kreditinstitute,
Vertreter von Anlagefonds, etc,). Dieser neue
Aufsichtsbereich ist der neuen Kontrollstelle
für die Bekämpfung der Geldwäscherei
übertragen worden. Ausserdem ist die
Meldepflicht bei Geldwäschereiverdacht
eingeführt und die Meldestelle für
Geldwäscherei des Bundesamts für Polizei
als Adressatin dieser Meldungen geschaffen worden.
Das Geldwäschereigesetz legt die
Sorgfaltspflichten aller natürlichen und
juristischen Personen fest, die ihm unterstellt
sind (Identifizierung der Vertragspartei und der
wirtschaftlich berechtigten Person, Abklärung
Herkunft der Gelder ab 100'000 Fr. oder bei
erhöhtem Risiko).
System der Selbstregulierung
Grundsätzlich ist auch zu fragen, wie gut
das System der Selbstregulierung, auf dem die
Geldwäscherei-Bekämpfung in der Schweiz
teilweise basiert, funktioniert. Selbstregulierung
bedeutet, dass die einzelnen Branchen für ihre
Mitglieder Richtlinien und Reglemente erlassen und
diese zum Teil selber durchsetzen. Glaubt man der
Kontrollstelle für die Bekämpfung der
Geldwäscherei, so bewährt sich ihr System
der Selbstregulierung im Parabanken-Sektor. Wann
und ob die der Kontrollstelle angeschlossenen
Selbstregulierungsorganisationen wirklich jeden
Verdachtsfall untersuchen und melden oder die
wirtschaftlichen Interessen doch bewirken, dass
zuweilen ein Auge zugedrückt wird, muss offen
bleiben.
Auch scheinen es bestimmte Mitarbeiter von
Banken und anderen Finanzinstituten mit der
gesetzlichen Sorgfaltspflicht nicht immer so genau
zu nehmen. Vermutlich klafft hier zwischen Theorie
und Praxis eine nicht unerhebliche Lücke.
Sharing-Gesetz seit 2004 in Kraft
Das Bundesgesetz über die Teilung
eingezogener Vermögenswerte, kurz
Sharing-Gesetz genannt, ist erst seit 1. August
2004 in Kraft. Daher gibt es noch wenige
Erfahrungen damit. Ausgangspunkt des Gesetzes war
der eingangs geschilderte Fall der Sheila Arana
Nasser. Ein Teil ihres Vermögens aus dem
Drogenhandel lag in der Schweiz (176 Millionen
Dollar oder 240 Mio. Fr.). In einem ersten Schritt
teilten sich die USA und die Schweiz das Geld
gütlich. Um die verbliebenen 120 Millionen
Franken aber stritten sich sodann der Bund und die
Kantone Waadt und Zürich. Später fand man
zur Lösung, dass die Gelder geteilt werden: 20
Prozent für den Bund, je 40 Prozent für
die beiden Kantone.
Das neue Gesetz regelt die Verteilung der in der
Schweiz einbezogenen Gelder: 3/10 gehen immer an
den Bund, 5/10 an den Kanton, der die Gelder
eingezogen hat, 2/10 an den Standortkanton (dort wo
die Gelder gelagert sind). Wenn der Bund Gelder
eingezogen hat, erhält er 8/10. Wenn der
Kanton, der einzieht, mit dem Standortkanton
übereinstimmt, erhält er 7/10. Verteilt
wird der Nettobetrag (nach Abzug von
Verfahrenskosten, usw.). Das Sharing-Gesetz gelangt
ab einem Bruttobetrag über 100'000 Fr. zur
Anwendung.
Derzeit sind in der Schweiz Gelder in
dreistelliger Millionenhöhe beschlagnahmt.
Wieviele Gelder in der Schweiz gesamthaft
eingezogen sind, ist nicht bekannt. Bekannnt ist
aber zum Beispiel, dass die waadtländische
Justiz Gelder in der Höhe von mehreren
hunderttausend Franken auf einem Konto der Witwe
des kolumbianischen Drogenbosses Pablo Escobar
eingezogen hat, weil sie offensichtlich kriminellen
Ursprungs waren.
Die Aktion Finanzplatz Schweiz hat den Umstand
angeprangert, dass das Sharing-Gesetz keine
Zweckbindung der Mittel für die Opfer von
kriminell erworbenen Geldern vorsieht. In den
Kantonen Genf, Waadt und Fribourg existieren aber
Gesetze, nach welchen ein Teil der eingezogenen
Gelder zweckgebunden für die Opfer eingesetzt
werden muss.
Aktion Finanzplatz, André
Rothenbühler, Dezember 2005
|