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Innenhof der
Metro-Zentrale in Düsseldorf
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In eine Firma namens Divaco hatte die Metro AG
Ende 1998 rund 250 ungeliebte Beteiligungen
ausgegliedert, auch als «Bad Metro»
bekannt, - durchweg zu lächerlich niedrigen
Buchwerten. Die tatsächlichen Werte waren
angeblich nicht zu beziffern. Ende 2003
schliesslich wurde die Divaco an deren Chef
Siegfried Kaske (56), bis Ende 1998 Finanzvorstand
der Metro AG, quasi verschenkt.
Eine letzte Wertberichtigung, die Börse
applaudierte ob der Bilanzbereinigung; damit sollte
das Thema, ginge es nach Körber, beendet
sein.
Doch immer wieder holt ihn die Vergangenheit
ein. Der Vorstandschef sieht sich Klagen,
Verdächtigungen und gar Strafanzeigen
ausgesetzt. Seit Jahren geisselt der frühere
Metro-Justiziar Hannjörg Hereth (70) den
Divaco-Deal. Mit der gleichen Energie, mit der er
vor Jahrzehnten im Namen der Metro gegen
aufmüpfige Wettbewerber und hartnäckige
Journalisten vorging, verfolgt er nun seinen
ehemaligen Arbeitgeber.
Er wirft dem Metro-Vorstand vor, Milliardenwerte
verschleudert zu haben. Dahinter steht der
Verdacht, Kaske und andere würden sich auf
Kosten der Metro-Aktionäre bereichern.
Seit Jahren stellt Hereth bohrende Fragen in den
Hauptversammlungen. Die kargen Antworten des
Vorstands bringen jedoch kaum Licht in die
Angelegenheit, auch wenn Körber behauptet:
«Die Metro Group ist eines der
transparentesten Unternehmen im Dax. Auch zum Thema
Divaco haben wir immer alle Fragen beantwortet, und
zwar umfassend.»
Auch juristisch geht Hereth gegen die Metro AG
vor. Im Herbst 2005 erzielte er vor dem Landgericht
Düsseldorf einen Teilerfolg: Eine Kammer
erklärte die Bestellung der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Fasselt &
Partner in der Hauptversammlung 2003 für
nichtig. Zwei Fasselt-Prüfer hätten
bereits über das zulässige Mass hinaus
Bestätigungsvermerke für Metro-Einzel-
und Konzernabschlüsse erteilt. Das Urteil ist
noch nicht rechtskräftig, Metro hat Berufung
eingelegt.
Anfang 2006 stellte
Hereth zum wiederholten Mal Strafanzeige gegen
aktuelle und ehemalige Mandatsträger der Metro
- wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen
Vereinigung, auf Betrug, Untreue,
Falschbilanzierung sowie auf Steuerhinterziehung in
Sachen Divaco. Von einem «Täterplan»
und von der Divaco als
«Veruntreuungsvehikel» ist da die
Rede.
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf nahm
jedoch keine Ermittlungen auf; sie sah - wie auch
schon bei vorherigen Anzeigen Hereths - keinen
Anfangsverdacht. Hereth hat Beschwerde beim
Generalstaatsanwalt eingelegt. Selbst wenn es keine
Anhaltspunkte für strafrechtliche Handlungen
geben sollte - Körber und seine
Vorstandskollegen haben selbst viel dafür
getan, die Divaco-Transaktion ins Zwielicht zu
setzen. Unklare, zum Teil widersprüchliche
Auskünfte, nicht eingehaltene Zusagen und
rätselhafte Handlungen reihen sich so
konsequent aneinander, als stecke System
dahinter.
So gehörte zu den
Vermögensgegenständen, die Ende 1998 zum
Buchwert an Divaco abgegeben worden waren, unter
anderem eine Beteiligung an der Mobilfunkfirma
Debitel . Die wurde kurz darauf mit einem
dreistelligen Millionengewinn
weiterveräussert. Warum kam dieses Geld nicht
den Metro-Aktionären zugute, warum versickerte
es - wie andere Verkaufserlöse auch - in der
Divaco?

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Der Vorstandschef der
Metro-Gruppe Hans-Joachim
Körber
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Körber hielt solchen Fragen stets entgegen,
Divaco habe von der Metro auch Schulden
übernommen; übertragen wurden zudem
Beteiligungen und laufende Mietverpflichtungen, die
nur mit Verlust losgeschlagen beziehungsweise gegen
Bares abgelöst werden konnten.
Mag ja sein. Aber warum wurde darüber nie
Rechenschaft abgelegt? Noch in der Hauptversammlung
2002 hatte Körber eine Schlussabrechnung zum
Jahresende 2002 versprochen. Doch die gab es nicht;
stattdessen überliess Metro die Divaco Ende
2003 für einen Euro dem ehemaligen
Metro-Manager Kaske. Beim Aktionärstreffen
2002 hatte Körber zudem gesagt, «etwaige
Verluste auf der Wegstrecke hat die Gesellschaft
(Divaco) selbst zu tragen». Ende 2003 galt das
offenbar nicht mehr. Bevor der Konzern die Firma an
Kaske abgab, verzichtete Metro auf die
Rückzahlung eines Darlehens von 250 Millionen
Euro.
Dass alles länger dauerte als geplant, lag
laut Körber daran, dass zwischen 1998 und 2002
der Kapitalmarkt eine rasante Talfahrt erlebte:
«Veräusserungserlöse, die man
ursprünglich angedacht hatte, waren im Zuge
des Werteverfalls am Kapitalmarkt nicht mehr
realisierbar.»
Statt einer Endabrechnung soll es nun einen
Besserungsschein geben. Metro soll in fernerer
Zukunft an eventuellen Mehrerlösen der Divaco
partizipieren. Doch selbst wenn solche
Ansprüche entstehen: Metro verfügt
offenbar über keinerlei Sicherheiten
gegenüber dem Divaco-Alleinaktionär und
Alleinvorstand Kaske.
Dubios auch die gesellschaftsrechtliche
Konstruktion. Ziel des Metro-Vorstandes war es Ende
1998 gewesen, die Beteiligungen aus der Bilanz
loszuwerden. Deshalb übernahm der Konzern nur
eine Minderheitsbeteiligung von 49 Prozent an
Divaco, mit 39 Prozent beteiligte sich die Deutsche
Bank und mit 12 Prozent der Gerling-Konzern. Weil
Divaco nicht mehrheitlich zum Konzern gehörte,
konnte Körber allzu detaillierte Fragen
bequemerweise mit dem Hinweis quittieren, Metro
habe keine Auskunftspflicht.
Das Landgericht Düsseldorf formulierte in
seinem Wirtschaftsprüferurteil vom vergangenen
Herbst allerdings Zweifel an dieser Sicht.
Dafür, dass Divaco sehr wohl im Konzern
hätte konsolidiert werden müssen,
sprächen «unstreitig verlorene
Zuschüsse» von 180 Millionen Euro, die
Metro 2002 an Divaco leistete.
Zu allem Überfluss erweist sich inzwischen
offenbar der Inhalt einer Ad-hoc-Meldung als
irreführend, die Metro am 12. November 1998
veröffentlichte. Damals wollte der Konzern
sich mit allem Nachdruck seiner Verantwortung
für die ausgegliederten Firmen entledigen:
«Erwerber ist eine Joint-Venture-Gesellschaft
(DIVAG) mit Finanzinvestoren unter Führung der
Deutsche Bank AG». DIVAG war der anfangs
vorgesehene Name der Firma, die dann Divaco genannt
wurde.
Dass von einer Führungsrolle der Bank keine
Rede sein konnte, stellte das Institut
kürzlich in einem Schreiben an Hereths
Kölner Anwalt Hans-Joachim Voges klar. Die
Deutsche Bank habe «zu keinem Zeitpunkt»
die unternehmerische Führung der
Abwicklungsholding ausgeübt. Alles in allem
haben die Metro-Verantwortlichen jedem, der gegen
den Divaco-Deal vorgehen will, eine Fülle von
Angriffspunkten geliefert. Wer nichts zu verbergen
hat, verhält sich anders.
Dieter Sören Jensen,
Manager-Magazin.de
28.04.2006
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