Die kriminelle Vergangenheit des Georg Kastl

Aus dem Film the Godfather - die Wirklichkeit ist weniger gestylt, aber ansonsten genau so kriminiell und voller Rituale

Der Verdacht, den Moritz Schriber hatte, wegen Geldwäscherei bei seinem Arbeitgeber Gutzwiller & Partner betraf vor allem die Konten des Kunden Georg Kastl. Dieser war/ist im Zigarettengrosshandel tätig. Dabei hat er breitwillig auch das Geld seiner Kunden gewaschen. Über ein Konto, auf das nur er die Verfügung hatte, wurden grosse Summen Geld einbezahlt, die er anschliessend auf andere Konten überwies, oder bar übergab.

Zeugenbefragung bei der Zürcher Bezirksanwaltschaft

Zu seinen Geschäften mit den sizilianischen Mafia-Bossen Gaetano Giuffrida und Tommaso Spadaro wurde dieser von der Bezirksanwaltschaft Zürich im Beisein eines italienischen und eines U.S.-amerikanischen Staatsanwalts befragt. Die Befragung fand nach der Verhaftung von Guiffrida und Spadaro am 12. / 13. / 14. März 1984 in Zürich statt. Georg Kastl wurde als Zeuge einvernommen und nicht als Angeklagter. Einige Aussagen aus dem Protokoll:

«Ich bin seit 1966 im Zigarettenhandel tätig. Ich befasse mich in dieser Gesellschaft San Marco Shipping und Trading Co. mit dem Transit von Zigaretten, welche zollfrei eingeführt und zollfrei ausgeführt werden.»

«Die Firma Alfetta ist kein Schweizer Unternehmen, sondern ein Unternehmen von Panama. Und die Firma betreibt nicht einen normalen Zigarettenhandel, sonder den Transithandel mit Zigaretten, dem man auch als Schmuggel bezeichnen kann.»

«Mir hat Gaetano Guiffrida darüber, weshalb er über Hr. Vulich jene Einzahlungen von insgesamt zirka 1,4 Mio. US$ getätigt hat, lediglich erklärt, er besitze ein Guthaben, das ihm aus dem Handel mit Diamanten zustehe.»

«Ich war und bin der Verfügungsberechtigte über das Konto San Marco bei einer Bank in Zürich. Mein Interesse an diesem Geldverkehr, den ich im Auftrag von Gaetano Guiffrida über dieses Konto abwickelte, war die Tatsache, dass ich dem Gaetano Guiffrida auf Bestellung hin immer wieder grosse Mengen Zigaretten mit einem angemessenen Gewinn verkauft und geliefert habe.»

«Das Bargeld überbrachte ich weisungsgemäss höchstpersönlich in den Flughafen Kloten, wo mich entweder Gaetano Guiffrida persönlich oder ein von ihm bezeichneter Kurier erwartete, dem ich das Bargeld übergab. Wenn Gaetano Guiffrida nicht persönlich zur Geldübernahme erschien, sagte er mir zum Beispiel es werde ein Mann auf mich warten, der die Gazetta dello Sport trage; ich solle diesen fragen: Erwarten Sie jemand, worauf dieser antworten werde, ja, Gaetano habe in geschickt. Diese Geldübergaben haben sich immer einwandfrei abgewickelt.»

«Mir hat Gaetano Guiffrida am Anfang der Geschäftsbeziehung erklärt, er sei im Schuhgrosshandel tätig und er habe auch eine Schuhfabrik. Er verkaufe grosse Mengen Schuhe ins Ausland, so auch in die USA.»

«Ich muss ehrlich sagen, mir war es gleichgültig, wie Guiffrida sein Geld anschaffte. Mir genügte, dass er erklärte, er werde, wie von mir verlangt, die Zigarettenkäufe jeweils im voraus bezahlen. Denn er erklärte, er erhalte immer wieder grössere Summen Geld aus dem Ausland.»

«Ich wusste nur, dass ich diese 2 Mio. US$ bar in Lire in ein Anwaltsbüro in Mailand zu überbringen hatte.»

«Tomasso Spadaro hat mich angerufen und erklärt, Gaetano Guiffrida werde zu mir kommen, um Zigaretten zu kaufen. Ich war damit einverstanden und sagte, Guiffrida solle zu mir in die Schweiz kommen, um das weitere Vorgehen mit mir abzusprechen. Das wurde auch so getan. Ich habe aber aus den Umständen angenommen, dass Guiffrida allein gar nicht in der Lage gewesen wäre, die bei mir gekauften grossen Mengen Zigaretten abzuladen und abzusetzen, sondern ich nahm an, dass die Leute aus der Organisation des Tommaso Spadaro dem Gaetano Guiffrida dabei helfen würden.»

«Ich habe für Tommaso Spadaro 40 kg Goldbarren angekauft und halte diese ihm im Tessin zur Verfügung. (...) Ich habe keine Quittung für diesen Goldankauf in meinem Besitz.»

«Im restlichen Telefongespräch sprach Tommaso Spadaro mit mir effektiv über die restliche Zigarettenmenge, die für ihn bereits in Albanien bereitlag.»

«Ich hatte keine Kontakte zur Ehefrau von Tommaso Spadaro, ausser dass ich ein- oder zweimal bei der Familie in Palermo zu einem Fischessen eingeladen war.» (Franceso ist der Sohn)

 

Geldwäscherei von 7,1 Mio. US$

Soweit einige Aussagen aus dem Protokoll >>. Insgesamt sind über das Konto von San Marco rund 12 Mio. US$ geflossen. Davon wurden rund 4,9 Mio. für Zigarettenlieferungen gebraucht, das restliche stammte aus «anderen Geschäften».

 

Grosser Prozess gegen die Mafia

Unter andern aufgrund der Zeugenaussagen von Georg Kastl konnte in Florenz 1985 einer der grössten Prozesse in der Geschichte gegen die Mafia durchgeführt werden. Hauptsächlicher Anklagepunkt war eine Lieferung von 81,6 kg Heroin in Schuhschachteln verpackt, die zusammen in einem Container nach New York geliefert wurden und welche die dortige Polizei entdeckte. Anklageschrift >> Im Prozess in Florenz wurde unter vielen anderen folgende Urteile gefällt:

Gaetano Guiffrida

29 Jahren Gefängnis und eine Busse von

1'400 Mio. Lire

Tommaso Spadaro

18 Jahren Gefängnis und eine Busse von

700 Mio. Lire

Francesco Spadaro

18 Jahren Gefängnis und eine Busse von

700 Mio. Lire

Georg Kastl

26 Jahren Gefängnis und eine Busse von

1'100 Mio. Lire

Als Schweizer Bürger wird Georg Kastl nicht nach Italien ausgeliefert. Er wird in Abwesenheit verurteilt. In einem Appelationsverfahren 1986, ebenfalls in Abwesenheit wird seine Strafe auf 24 Jahre Freiheitsentzug und eine Busse von 600 Mio. Lire reduziert.

In der Schweiz muss er sich vor dem Bezirksgericht Laufenburg erst 1996 einem Gerichtsverfahren stellen. In diesem wird er freigesprochen. Er darf also weiterhin ungehindert seinen Geschäften im Zigarettengrosshandel nachgehen. Das erstinstanzliche Urteil von Florenz >>

Einstellung der Untersuchung wegen Geldwäscherei im Jahre 1998 >>

Der Persilschein >> der Atag Ernst & Young


Kommentar

Mehr als zehn Jahre brauchte die Schweizer Justiz, um ein Verfahren gegen Georg Kastl durchzuführen, das mit einem Freispruch endete! Offenbar wird Geldwaschen und Zigarettenschmuggel in weiten Kreisen als exzellentes Geschäftsmodell angesehen und nicht als verwerfliche Handlung, die dem ausländischen und auch schweizerischen Steuerzahler viele Millionen kosten.

Meine Meinung dazu >>

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