Keine rechtsgenügende Abklärung im Falle von 3,35 kg Zahngold

Alte Plomben, Kronen und Brücken aus Goldlegierungen

Zu einem Vermögensverwalter in der Schweiz bringt der in Deutschland lebende serbische Zahnarzt Dusan Ristic drei Säcke «Zahngold» zum «Einschmelzen». Die Transaktion läuft über einen Schweizer Rechtsanwalt. Über den Umweg der Bank Gutzwiller in Basel wird das Gold bei der Cendres & Métaux in Biel eingeschmolzen und geschieden.

Dies Anfang 1997, der Bosnienkrieg ist gerade zu einem unsicheren Waffenstillstand übergegangen. Der Zahnarzt hat auch einen Bruder, Momcilo Ristic, ausgewiesener Fachmann für Vulkanisierungs-Technik, wohnhaft in Belgrad, Serbien. Beide haben Bankkonten in der Schweiz, welche von der Gutzwiller & Partner, Vermögensverwaltung Zürich, später Rabo Investment Management betreut werden, teilweise über den Rechtsanwalt Dr.iur. August Schubiger.

Dass eine solche Transaktion für einen ausländischen Zahnarzt und mit einer unüblich grossen Menge Gold vorgenommen wurde, legte den Verdacht nahe, dass das Zahngold aus verbrecherischer Herkunft sei und namentlich aus Kriegsverbrechen stammen könnte. Die Bezirksanwaltschaft Zürich untersuchte daher den Fall. 


 

Die Art des Goldes

In welcher Form das «Zahngold» eingeliefert worden ist, darüber besteht Unklarheit. Die Aktennotitz über ein Telefon der Bezirksanwaltschaft mit Moritz Schriber und die Zeugenaussagen von Marianne Fischer, widersprechen sich aktenkundig.

Aus der Befragung der Zeugin Marianne Fischer, vormalige Sekretärin von Tomas Matejovsky. Diese hatte die Belege zur Goldtransaktion zu erstellen.

«Der Kunde war da und brachte in drei Plastiksäckchen - ich glaube es waren drei - so kleine Goldplättchen. Beim Kunden handelte es sich eben um diesen Dusan Ristic. Ich kannte den Mann nicht, aber man hat mir das so gesagt. Der Kunde kam zu Matejovsky und sie handelten das dann in dessen Büro aus. Matejovsky sagte mir dann, ich solle eine Quittung für den Kunden für den Erhalt des Goldes ausstellen. Ich musste das Gold auch wägen. Dazu verwendete ich die Briefwaage. Ich glaube, die Waage liess lediglich eine Wägung bis ein Kilo zu. Jedenfalls musste ich die Säckchen einzeln wägen, und ich kam auf ein Gewicht von ca. drei Kilo, soweit erinnerlich. Auf Frage muss ich erklären, dass ich den Inhalt nicht zu teilen hatte, um die Wägung vorzunehmen.

Herr Matejovsky erklärte mir, der Kunde sei Zahnarzt, und das seien Plomben. Es sei überhaupt nichts Aussergewöhnliches. Herr Matejovsky erklärte mir dies auf meine entsprechende Fragen, weil ich so etwas ja auch noch nie gesehen hatte.»

Der Buchhalter Moritz Schriber musste ein Memorandum unterzeichen, als Bestätigung der Entgegennahme von 3,35 kg Zahngold. Er sagt dazu als Zeuge, sicher hätte man, sofern das Goldplättchen gewesen seien, darauf Goldplättchen geschrieben und nicht Zahngold. Er jedenfalls habe alte Plomben gesehen, in durchsichtigem Plastik verpackt. Es sei ihm dabei fast schlecht geworden, Frau Fischer auch. Jedenfalls habe sie sich ihm gegenüber so geäussert.


Kommentar

Wie man 3,35 kg in drei Säcken verteilt auf einer Briefwaage wägen kann, die nur bis 1 kg wägen kann, ist ein mathematisches Rätsel. Was allfällige Geschworene in einem Prozess dazu denken würden, wenn die Zeugin diese Wägerei im Gerichtssaal vorführen müsste, kann man sich vorstellen. Nicht vorstellen kann man sich, warum die Aussagen von Frau Fischer für die Bezirksanwaltschaft glaubwürdiger sind als diejenigen von Mortiz Schriber.

Der Chef erklärte der guten Sekretärin, es seien Plomben von einem Zahnarzt, und das sei nichts Aussergewöhnliches. Bei Nachfrage werden daraus Goldplättchen. «Ein gewisses Eigeninteresse an falschen Bescheinigungen seitens der Betroffenen und auch eine Beeinflussung der Zeugin kann nicht ausgeschlossen werden», so in der Einstellungsverfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich. Kein Wunder, bei der Befragung waren die Anwälte von Tomas Matejovsky, August Schubiger und Dusan Ristic anwesend. Die Zeugin scheint sehr verunsichert zu sein, zuerst sagt sie die halbe Wahrheit, dann erinnert sie sich an die abgesprochenen Aussagen. Jedenfalls bekommt man diesen Eindruck aus dem Protokoll.

Die Aussagen von Moritz Schriber werden als unwichtig oder unglaubwürdig ad acta gelegt ...


 

Die Abrechnung der Cendres & Métaux

Um den Verdacht auf eine verbrecherische Herkunft des Goldes zu zerstreuen/widerlegen, wird bei der Cendres & Métaux, am 10. März 1998, über ein Jahr nach dem Geschäftsvorgang, eine Abrechnung nachgefordert. Wo die Originalabrechnung geblieben ist, bleibt unklar. Darin steht unter Einlieferung «verschiedene Gusswürfel Gr. 3286». Bei genauer Waage sind es dann 3285,5 g. Daraus wurde bei der Scheidung 2543,7 g Gold, 156,1 g Silber, 109,5 g Platin, 199,6 g Palladium. 276,6 g sind andere Metalle oder irgendwelche Verunreinigungen (organisches Material), an Edelmetallen sind es insgesamt 3008,9 g. Nichts Aussergewöhnliches bei Zahngold.

Um alle Bedenken zu zerstreuen stellt die Bank Gutzwiller in Basel, auch nachträglich, am 12. März 1998, eine Bescheinigung aus, in der erklärt wird, dass sie ca. 3293,6 g Zahngold von der Rabo Investment erhalten hätten, die bei der Cendres & Métaux in Biel ein Nettogewicht von 3285,5 g ergeben hätten.


Kommentar

Es dürfte eher doch so gewesen sein, das Gold mit Plastikverpackung wog 3293,6 g, ohne Plastikverpackung 3285,5 g? Wobei man sich fragen muss, wie es dazu kam, dass die Bank Gutzwiller eine solch exakte Waage hatte, dass man 3293,6 g auf die «Erklärung» schreiben konnte. Wenn man so genau wiegt, dann packt man den Inhalt aus, um das genaue Gewicht feststellen zu können. Sofern eine solche Waage vorhanden war, hätte die Abweichung zu Cendres & Méteaux allerhöchstens 1 g betragen dürfen. Sonst würde es ja genügen, ca. 3,3 kg inkl. Verpackung hinzuschreiben und sich auf die gewissenhafte Wägerei der Cendres & Métaux zu verlassen.

Man wollte offensichtlich suggerieren, es habe sich um kleine Goldbarren gehandelt, denen man auch Goldplättchen sagen kann. Der hohe Anteil an Platin allerdings beweist, dass es sich eindeutig um Zahngold handelte. Ob in Form alter Brücken, Goldzähne und Plomben oder in Form von ungebrauchten, «neuwertigen» Legierungswürfeln, bleibe dahingestellt.


 

Der Anfall von Zahngold in einer Zahnarztpraxis

Auf Anfrage der Bezirksanwaltschaft erklärte die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft: «Pro Jahr fallen in einer Zahnarztpraxis gut 100 g bis vielleicht 200 g Altgold an; der Umfang ist stark abhängig von der Anzahl behandelter Patienten, sowie der Art der ausgeführten Behandlungen und ist zudem in den letzten Jahren generell rückläufig. Die Lagerhaltung an Neugold ist in der Zahnarztpraxis recht klein, eigentlich in der Regel nur auf Goldstifte begrenzt.

Grössere Mengen Gold finden sich eher beim zahntechnischen Labor, welches die zahntechnischen Arbeiten herstellt.


Kommentar

Fallen bei einem Zahnarzt alte Plomben, Brücken und der gleichen an, wird er den Patienten in der Regel fragen, ob er diese zugunsten eines caritativen Werkes weiterleiten dürfe. Er wird diese sammeln, und so schnell wie möglich einsenden. Die Lagerhaltung von Gold ist nämlich kompliziert und aufwendig, es braucht einen Tresor, Alarmanlage etc. Die Zahnarztpraxen wären sonst eine bevorzugte Destination für Einbrecher.

Beteiligt sich der Zahnarzt nicht an einem caritativen Werk, wird er das Altgold in der Regel an den Zahntechniker weiterreichen, mit dem er zusammenarbeitet. Dieser wird ihm einen Mittelkurs verrechnen. Oder der Zahnarzt wird es direkt an eine Scheidanstalt senden. Das gibt es übrigens auch in Deutschland. Die Vorstellung, das Dusan Ristic zwei bis drei mal während Jahren in die Schweiz kam und ein wenig Gold in Form von «Plättchen» jedes Mal in einem Tresor bei einer Bank einlagerte, dieses Gold dann in Plastiksäcke verpackte und zur Rabo Investment Management Zürich brachte, ist recht merkwürdig ...

Oder kamen die Plättchen von einer Auflösung eines zahntechnischen Labors? Kann man sich ja vorstellen. Dusan Ristic hätte sich sicher daran erinnert, und auch aussagekräftige Belege nachreichen können ... Die Plättchen wären in Schachteln verpackt gewesen. Und bei einem Zulieferer von Zahngold hätte man sicher einen besseren Preis bekommen, da die Prägestempel klar sagen, um was für eine Legierung es sich gehandelt hätte. Ein Einschmelzen und teures Scheiden hätte sich erübrigt ...


 

Eine Merkürdigkeit

Im Verfahren der gesamten Untersuchungen bei der Rabo Investment Management Zürich wurde auch eine Frau E. Ackeret befragt. Diese konnte sich an «Zahngold zum Einschmelzen» erinnern. Allerdings waren es für sie nur rund 1 kg.

 

Aus dem Protokoll der Bezirksanwaltschaft

Der Bezirksanwalt

«Aus welchem Tresor haben Sie dieses Gold entfernt?»

Dusan Ristic

«Aus einem Tresor bei einer anderen Bank.»

Der Bezirksanwalt

«Geht es vielleicht ein bisschen genauer?»

Dusan Ristic

«Ich glaube nicht, dass es etwas zur Sache tut. Das ist meine private Sache.»

Der Bezirksanwalt

«Sie bleiben also bei Ihrer Darstellung, dass es sich bei diesem Gold nicht um altes Zahngold (alte Plomben/Goldzähne) handelt?»

Dusan Ristic

«Es handelte sich um Goldplättchen, wie ich gesagt habe, nicht um altes Zahngold. Es handelte sich also um Legierungsplättchen, die entsprechend beschriftet waren mit Legierungsnummern.»

Einvernahmeprotokoll Dusan Ristic >>


Kommentar

Offenbar wissen alle Zeugen nicht mehr so genau, was das für eine Transaktion war. Doch alle haben keine Ahnung, was ein Zahntechniker für seine Arbeit braucht. Sind es nun Goldwürfel, Goldplättchen oder kleine Goldbarren? Der Zahntechniker wird das Gold, wie auch der Goldschmied, am ehesten in Form von einem Draht oder gewalzten Bändern erwerben, denn mit dem kann er arbeiten ...

Und warum ist es Privatsache des Angeschuldigten Dusan Ristisc, wo sein Banktresor war. Wenn er einen solchen schon vor 1981 besass und dieses belegen kann, müssten die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit geringer ausfallen ... Doch Dusan Ristic: «Ich bin empört über die Art, wie die Privatangelegenheiten eines Ehrenbürgers in den Schlamm gezogen werde. Ich bin in Deutschland anerkannt als Zahnarzt und Wissenschafter.» ...

Alles in allem viele offene Fragen ...


 

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